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Die Post ist da!


Wenn wir gefragt werden, was unsere Demokratie so gut funktionieren lässt, können wir die vielen Parteien, das Kollegialsystem (das zur Folge hat, dass nie einer alleine regiert) oder Volksabstimmungen erwähnen. Doch nun habe ich herausgefunden, dass es noch etwas ganz anderes braucht!

In den letzten Monaten verbrachte ich aus familiären Gründen viele Wochen in den USA. So konnte ich die dortigen politischen Entwicklungen im Hinblick auf die Präsidentenwahl im kommenden November hautnah miterleben. Sie, liebe Leserin und lieber Leser, wissen von den Fake news, und dass der aktuelle Präsident, der nur an sich selber denkt, den demokratischen Prozess erschweren. Auch blockiert das Zwei-Parteien-System viele Prozesse. Und es gibt noch weitere Schwachpunkte, die Beobachterinnen der mächtigsten Demokratie dieser Welt und viele ihrer Bürgerinnen in Sorge versetzen. Doch eine der grössten Gefahren für die kommende Präsidentenwahl kommt nicht aus dieser Richtung.

Es ist die Bestimmung, dass nur jene Wahlzettel zählen, die am Abstimmungstag in der Gemeindekanzlei vorhanden sind. Kein Problem? Ist ja bei uns auch so – werden Sie denken. Leider nicht ganz so einfach! Diese Regelung setzt voraus, dass ich Gewissheit habe, dass bei einer brieflichen Abstimmung mein Wahlzettel mit der Post auch zuverlässig zugestellt wird. Diesmal ist dies nicht nur eine Sorge für die rund 9 Millionen Amerikanerinnen im Ausland, sondern auch für jene im Inland.

Die nationale Post wurde in den letzten Jahren so stark eingeschränkt und in ihrer Aufgabe beschnitten, dass sie – zusätzlich durch die Covid-19 Pandemie gefordert – nicht mehr garantieren kann, dass die Stimmzettel rechtzeitig in den richtigen Wahllokalen eintreffen. Es besteht das Risiko, dass Hunderttausende von stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger um ihr Wahlrecht gebracht werden.

Als ich realisierte, wie wichtig die Post für das Funktionieren der Demokratie ist, fragte ich mich, ob es noch andere scheinbar unbedeutsame Dinge gibt für eine gesunde Demokratie. Mir fiel auf, wie der amerikanische Präsident seit Wochen begann, die Zuverlässigkeit des Wahlprozederes als

solches zu hinterfragen – und öffentlich die Rechtmässigkeit und Zuverlässigkeit der Briefabstimmung in Frage stellte. Dabei wissen wir, dass zunehmend mehr Leute per Brief abstimmen und die Methode erprobt und verlässlich ist. Gleichwohl wird spürbar, wie die wiederholten Zweifel des Präsidenten den ganzen Wahlprozess zu unterminieren beginnen. Der Wahlprozess als solcher wird als unzuverlässig dargestellt! Dies aber geht viel tiefer und trifft den Kern auch des schweizerischen Demokratieverständnisses: Vertrauen. Es ist das Vertrauen, dass Behörden, Regierungen ihre Arbeit glaubwürdig machen.


Was nehme ich mit nach Hause und mit in unseren Alltag?

Welches Wahl- und Abstimmungssystem wir auch haben, es muss die Kernidee der Demokratie sichern: jede Stimme zählt. Auch bei uns ist dies immer wieder Gegenstand von Diskussionen – vom doppelten Pukelsheim bei den Proporzwahlen bis zur Frage, ob leere Wahlzettel bei der Berechnung des absoluten Mehrs zählen – so etwa im Kanton Nidwalden in den vergangenen Jahren.

Ohne Zweifel, wählen und abstimmen können gehört wesentlich zur Demokratie. Doch diese bleibt bruchstückhaft, wenn wir nicht aufmerksam und gut informiert sind.

Und schliesslich braucht es auch die Bildung kritischer Bürgerinnen und Bürger, die über die politischen Zusammenhänge informiert sind, Sachfragen wie Wertorientierungen kennen und damit Gesellschaftliches hinterfragen können. Die Arbeiterbewegung KAB hat sich dieser Bildungsaufgabe angenommen. Sie tat dies bereits in den 1960er Jahren, als sie intensive politisch-ethische Kurse anbot. Bis in die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts gab es auch Seminare, die dazu beitrugen, gesellschaftspolitische Fragen zu analysieren und praktische Handlungsmöglichkeiten zu finden. Auch durch Veranstaltungen oder die Zeitschrift "Treffpunkt" sowie das Sozialinstitut - 1963 gegründet und 2017 in das sozial-ethische Institut "ethik22" überführt - engagierte sich die KAB für Bildung und die Umsetzung von Werten in Handeln. Bis heute gibt es den Sozialtag als Ort für sozialpolitisch-ethischen Dialog. So hat die KAB auf unterschiedliche Weise die Demokratie gestärkt! Auch «ethik22» sieht sich dieser Tradition verpflichtet.

Ohne Zweifel, wählen und abstimmen können gehört wesentlich zur Demokratie. Doch diese bleibt bruchstückhaft, wenn wir nicht aufmerksam und gut informiert sind. Dies heisst auch, dass wir Sorge tragen zu den Voraussetzungen, dass jede Stimme zählt, und so das Vertrauen stärken, damit Demokratie funktionieren kann. Und natürlich gehört dazu auch ganz praktisch die Post!


Von Thomas Wallimann, in: «KAB-Infoblatt», 7. September 2020.

 

«ethik22» bietet Sozialethische Orientierung für die Volksabstimmungen vom 27. September 2020

 

«ethik22» wird Vorlagen für die Volksabstimmungen mit dem sozialethischen Dreischritt Sehen-Urteilen-Handeln analysieren und eine Orientierungshilfe aus christlich-ethischer Sicht geben. Sie können diese mit dem Newsletter von «ethik22» elektronisch hier erhalten:



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